Der „nasse Limes“ streifte den Spessart
Vortrag von Dr. Gerrit Himmelsbach bei den Bildungspartnern Main-Kinzig-Kreis
Die Spuren der Römer, der Völkerwanderung und der Christianisierung im Spessart standen im Focus eines Onlinevortrags von Dr. Gerrit Himmelsbach vom Archäologischen Spessartprojekt (ASP) an der Volkshochschule der Bildungspartner Main-Kinzig GmbH. Mit den Römern traten nach Himmelsbach erstmals schriftliche Zeugnisse im Zusammenhang mit dem Spessart in Erscheinung. Die römische Grenze streifte den Spessart jedoch nur, weil die Römer den Main zwischen Miltenberg und Großkrotzenburg 170 Jahre zur Grenzziehung nutzten und sich so die Begegnung zwischen der römischen und germanischen Kultur in diesem Teil des Obergermanisch-Rätischen „nassen“ Limes, der seit 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, nach Himmelsbach auf niedrigem Niveau und relativ distanziert abspielte. Zeugnisse dieser Epoche der römischen Geschichte können zum Beispiel im Obernburger Römermuseum betrachtet werden.
Belegt sind allerdings Raubzüge der Germanen und Vergeltungsaktionen der Römer in dieser Region, unter anderem der Caracalla-Feldzug mit rund 10.000 römischen Soldaten auf die Fränkische Platte und ins Grabfeld um 213 n. Chr. Äußerst begehrt war auf römischer Seite die Spessart-Eiche. Archäologen fanden sie beispielsweise im Römerhafen von Xanten verbaut. Die Germanen wiederum schätzten beim Kontakt mit den Römern deren Keramik und einige standen auch den Besatzern militärisch zu Diensten. Zeugnis hierüber legen Scherbenfunde von Amphoren, kopierte Schalen oder Metalldepots und Grabfunde im Unterfränkischen ab. So wurde unter anderem im Frühjahr 1982 ein Fund von 137 spätrömischen Münzen aus der Zeit zwischen 337 und 410 n. Chr. auf der Wettenburg bei Urphar in der Mainschleife gemacht. Wie eine Perlenschnur stellten sich die römischen Kastelle entlang des Limes dar. Dazu gehörten im Main-Kinzig-Kreis das Kastell Rückingen mit 2,5 und 500 Mann, das Kleinkastell Neuwirtshaus (0,1 ha; 20-30 Mann) und das Kastell Großkrotzenburg mit 2,1 ha und 500 Mann Fußtruppen.
Der Höhepunkt der Völkerwanderung berührte auch den Spessart, so Himmelsbach. Rhein-Weser-Germanen, Elb-Germanen, Burgunder und Hunnen seien hier zu nennen. Die Zeit von 481 bis zum 7. Jahrhundert sei vom Übergang der Herrschaft auf die Franken, vor allem unter Chlodwig, geprägt. 496 siegten die Franken über die Alemannen und 531 über die Thüringer, zu deren Herrschaftsgebiet auch der Spessart gehörte. Die damit ausgelöste Christianisierung habe im 7./8. Jahrhundert stattgefunden. In seinem Vortrag ging Himmelsbach weiter auf viele regionale und örtliche Details der turbulenten Geschichte im Spessart und darüber hinaus ein.
Gründau, 18. Mai 2021
Text: Peter Völker
Dr. Gerrit Himmelsbach – Archäologe und Mitglied für Kommunikation im Vorstand des Spessartbundes
Informationstafel am Parkplatz „Neuwirtshaus“ bei Hanau über das Kleinkastell am Limes – Foto: Himmelsbach