Vom Wegweiser zur Touristenkarte

 

Karten und gedruckte Führer helfen, eine Landschaft kennen zu lernen. Sie verlieren aber an Wert, wenn sich die Welt verändert, die auf ihnen erläutert ist. Das trifft vor allem für Karten zu. Sind sie nicht mehr aktuell, verschwinden sie in der Schublade und später im Papierkorb. In den 1880er Jahren entstanden Karten und Wanderführer für den Spessart in großer Zahl. Bei weitem nicht alle sind in Archiven zugänglich. Der folgende Beitrag kann daher kein vollständiges Bild dieser Literatur bieten. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf den in der Region entstandenen Publikationen.


Dass wir für den Spessart seit über hundert Jahren gute Karten besitzen, verdanken wir dem Verein der Spessartfreunde Aschaffenburg, dem Verein der Hochspessartfreunde Rothenbuch in Frankfurt a. M. und dem u. a. aus diesen Vereinen 1913 gegründeten Spessartbund. Beginnen wir diese Betrachtung mit dem Vorwort zur ersten offiziellen Wanderkarte des Vereins der Spessartfreunde Aschaffenburg aus dem Jahr 1906:
Um dem Touristen die Wanderung im unvergleichlichen Waldgebirge des Spessarts zu erleichtern, hat der Verein der Spessartfreunde seit Jahren schon die beliebtesten Wege (soweit nicht Verbot der Eigentümer entgegenstand) mit farbigen Zeichen versehen.
Markiert sind auf diese Weise fünf Hauptlinien und 49 Nebenlinien.
Die Hauptlinien, die das ganze Vereinsgebiet von einem Grenzpunkt zum andern durchziehen, sind mit einfachen wagrechten Strichen in einer Farbe (2 weiß, 1 gelb, 1 rot und 1 blau) gezeichnet.
Die Nebenlinien, welche kleinere Strecken und Ausflugswege von mehr lokaler Bedeutung bezeichnen, sind teils mit einer Farbe, teils mit zwei Farben in Strichen und Figuren aller Art markiert.
Die vorliegende Karte soll nun neben den vielfach angebrachten Wegweisern und neben den an den Anfangspunkten und Endpunkten oder an Kreuzungspunkten der markierten Wege aufgestellten Orientierungstafeln dazu dienen, daß sich der Wanderer in der in Natur vorfindlichen Wegbezeichnung und ihrer Bedeutung auskennt.
Die nachfolgende kurze Beschreibung soll diesen Zweck noch weiter fördern. Jeden Schritt, der zu machen ist, kann man nicht vorzeichnen. Es muß immer damit gerechnet werden, daß der Tourist kein ängstliches Kind ist, sondern selbst denkt und ruhig dreinschaut. Bei einiger Umsicht wird sich aber Jedermann, der diese Karte und die kurze Linienbeschreibung zur Hand nimmt, nach den in der Natur vorfindlichen Zeichen zurecht finden. 
 
Diese »Offizielle Karte des Spessarts« war vorläufiger Abschluss der Ziele, die den Spessartbund bis heute begleitet: Die Schaffung und Pflege von Wanderwegen im Spessart, wozu vor allem auch ein stets aktuelles Markierungssystem und die Anbringung der Wegemarkierungen zählen. Demselben Ziel fühlten sich die Mitglieder des Vereins der Hochspessart-Freunde Rothenbuch e.V. Frankfurt verpflichtet, die 1912 im Ravenstein Verlag in Frankfurt ihre offizielle Touristen-Karte herausgegeben haben.
Im folgenden Beitrag soll versucht werden, die Vorarbeiten zu beschreiben, die bis zur Herausgabe dieser beiden ersten Wanderkarten notwendig waren, und wie die Entwicklung weiterging bis hin zu heute 5.500 Kilometern erschlossenen und markierten Wanderwegen, dargestellt auf modernen Freizeitkarten im Maßstab 1:25?000. Als Quellen für die Anfänge dienen Aufsätze von Toni Welzbacher und Karl Günter / Peter Joa in der Monatszeitschrift »Spessart«, ergänzt um Schriften und Karten, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg (im Folgenden SSAA zitiert) bereitwillig zur Verfügung stellten. Eine weitere wichtige Quelle waren die neun Auflagen von Johann Schobers Wanderführer.

Ein »Wanderführer« und ein »Wegweiser«

Im Auftrag des Vereins der Spessartfreunde in Aschaffenburg hatte Johann Schober  (geb. 19. 3. 1843 in Kemmern/Ofr., gest. 11. 8. 1923 in Aschaffenburg) zunächst 1884 in Würzburg einen »Führer im Spessart« herausgegeben. Der Autor war Oberlehrer für Turnen und Stenographie an der Höheren weiblichen Bildungsanstalt in Aschaffenburg. In der Einleitung verweist er u. a. auf eine »Spezialkarte des Spessarts« von C. Welzbacher, die man als erste für Wanderer geeignete Spessartkarte bezeichnen kann.
Mit dem »Wegweiser durch den Spessart«, erschienen in der J. Staudinger’schen Verlags-Buchhandlung Würzburg, richtete sich Adolf Dietz, königl. Major a. D. und Bezirksoffizier (Lebensdaten unbekannt), an die noch junge Zielgruppe der Wanderfreunde. Das Vorwort der 2. bedeutend vermehrten Auflage von 1898 erwähnt die vom Spessart-Touristen-Verein Hanau in äußerst anerkennenswerter Weise geschaffenen Wegmarkierungen des Vorgeländes vom Hahnenkamm.
Der Titel des »Wegweisers« nennt eine Touristenweg-Karte im Maßstab 1:120?000, die im Exemplar des SSAA fehlt. Eine solche Karte im Maßstab 1:120?000 von Adolf Dietz befindet sich dort an anderer Stelle. Sie ist geschmückt mit dem Wegzeichen des Vereins der Spessart-Freunde, einem nach rechts blickenden Specht zwischen einem mit einer Schleife gebundenen Buchen- und einem Eichenzweig. Auch Johann Schober verwendet das Zeichen auf der Titelseite seines »Führers durch den Spessart…« (Bild 3). Eine andere Dietz-Karte im Maßstab 1:150?000 verwendet das Zeichen seitenverkehrt. Die beiden undatierten Karten bieten Anschlusswege in den Odenwald.
Während von Adolf Dietz’ »Wegweiser« nur noch eine weitere Ausgabe von 1902 bekannt ist, begleitet Johann Schobers Führer die Spessartwanderer in zahlreichen verbesserten Auflagen bis 1923. Ihre Beschreibungen der Wanderwege und die beigefügten Karten dokumentieren auch die erfolgreiche Arbeit des Spessartbundes und seiner Ortsgruppen bei der Schaffung neuer markierter Wanderwege.

Johann Schobers Wanderführer

Im Jahr 1888 gab Johann Schober den »Führer durch den Spessart, Kahlgrund und das Mainthal«, im Verlag der C. Krebs´schen Buchhandlung (E. Kriegenherdt) in Aschaffenburg heraus. Eine Karte »Routennetz für Spessarttouren« enthält die Orte des Main-Vierecks innerhalb der den Spessart umgebenden Eisenbahnstrecken. Unterschiedliche Strichstärken deuten schon Haupt- und Nebenrouten an. Die stärkste Linie markiert die Straße von Aschaffenburg nach Marktheidenfeld, die spätere Bundesstraße 8. Andere Verbindungen sind rot gestrichelt, wie die von Hösbach über Wiesen nach Partenstein oder von Heigenbrücken über den Echterspfahl nach Großheubach. Eine Punkt-Strichmarkierung führt von Heigenbrücken über Rohrbrunn nach Stadtprozelten, dann weitergeführt mit Pünktchen über Freudenberg nach Miltenberg. Die  Entfernungen zwischen den Orten sind in Kilometern vermerkt. Dieser Karte entsprechen jedoch noch keine Markierungen auf den Wanderwegen. Im Textteil orientiert sich der Autor bei den Beschreibungen der Wanderwege an Wegweisern und markanten Stellen in der Landschaft. Dem Führer liegt die »Spezialkarte vom Spessart« bei (Format von
67 x 59 cm, im Maßstab 1:100 000). Schummerung und Markierungen fehlen (siehe Folie B). Die Skalierung gibt für 8 km 10?000 Schritte an und bildet noch die Geographische Meile ab.

Die Arbeiten zur Erschließung von Wanderwegen durch die Spessartfreunde begannen schon früher. In den Jahren 1882/83 waren Wegweiser an den wichtigsten Kreuzungen aufgestellt worden, hergestellt aus Gusseisen von der Firma Rexroth in Lohr. Einer davon ist heute noch in Unteraulenbach zu bewundern. Er ist Teil des Kulturrundwegs Eschau des Archäologischen Spessart-Projekts.
Mitglieder verschiedener Vorläufergruppen des Spessartbundes befestigten Zeichen mit dem Specht (siehe Bild 3) an den Weggabelungen. Arbeitsgruppen von drei bis fünf Männern, angeleitet von Wegewarten, rückten aus mit Farbeimern, Pinseln und Leitern, umständlich mit der Eisenbahn befördert. Damit die Zeichen nicht gestohlen oder beschädigt wurden, malte man sie in einer Höhe von über zwei Metern an die Bäume. Das wurde später wieder geändert, da die Zeichen von den Wanderern schwer zu erkennen waren.


Markierte Haupt- und Verbindungsrouten

Schobers zweite, verbesserte und erweiterte Auflage seines Führers durch den Spessart von 1892 nennt fünf Hauptrouten, gegliedert nach Aschaffenburg, Hochspessart, Lohr und Elsavatal. Darauf bezieht sich eine vorgeklebte einfache Übersicht:
1.?Orb – Heigenbrücken – Kleinheubach, blaue Striche; 2.?Wiesen – Wiesthal – Klingenberg, rote Striche; 3.?Gelnhausen – Heigenbrücken – Rothenfels, weiße Striche; 4.?Aschaffenburg – Rothenbuch – Lohr, gelbe Striche; 5.?Aschaffenburg – Rohrbrunn – Wertheim, weiße Striche.
Dazu kommen 14 Verbindungsrouten von Ort zu Ort. Die Hauptrouten sind mit unterschiedlichen Farben bzw. Farbenkombinationen sowie mit Strichen und Ringen markiert. Sie scheinen dem ersten Markierungsplan zu entsprechen, den der Verein der Spessartfreunde im selben Jahr für fünf Hauptrouten und zwölf Nebenrouten entwickelt hatte.
Im Text erwähnt Schober 1892 noch kein Markierungssystem. Doch gibt er sich im Vorwort überzeugt, dass der Führer den berechtigten Ansprüchen der Touristen genügt. Ähnlich wie Adolf Dietz in seinem »Wegweiser« bildet er auf einer Skizze den Weg zwischen Sodenthal und Neudorf zur Hohen Warte ab. Als Anhaltspunkte gibt er lediglich die Abzweigungen vom Pfaffenberg nach Hessenthal und Volkersbrunn preis sowie fünf Wegweiser. Ansonsten empfiehlt der Autor die Schritte zu zählen zwischen den einzelnen Wegweisern und Abzweigungen. Aber die Bemerkung: Wenn Wege abzweigen oder sich der eine theilt, erscheint immer der »Specht« als zuverlässiges Zeichen, dass man sich auf dem rechten Wege … befindet, weist auf die begonnene Markierungsarbeit der Spessartfreunde hin.
Die »Aschaffenburger Zeitung« kritisierte 1891 das bestehende Wegweisersystem – es seien zu wenige aufgestellt, einige stünden falsch, manche fielen um – und empfahl, Farbzeichenmarkierungen einzuführen. Eine Kommission entwirft nun einen Generalmarkierungsplan, der den Spessart in Sektoren einteilt; jede Sektion wird einzelnen Ortsvereinen der »Spessart-Freunde« zum Festlegen dieser lokalen Verbindungsstrecken zugewiesen. Der Unterscheidung dienen farbige Striche und Ringe.
Wandern mit Karte auf markierten Wegen
Ab 1897 begann Hermann Ritter von den Frankfurter »Hochspessartfreunden« damit, ein erstes Markierungssystem zu entwerfen und eine Markierungskarte zu zeichnen. Dem gleichen Ziel waren der Zeichenlehrer August Donhauser, der Glasermeister Carl Dietz (1854 bis 1945) und der Forstassistent Bernhard Müller vom Verein der Spessartfreunde Aschaffenburg verpflichtet. Ein von ihnen erarbeitetes neues Markierungssystem mit dazu gehörender Karte wurde für verbindlich erklärt. Im Juli 1904 bildete sich ein Wegemarkierungsausschuss. Der erhielt von der Regierung von Unterfranken das alleinige Markierungsrecht für den Spessart. Diese Zuständigkeit übertrug er an die Bezirke Nordspessart, Ostspessart, Südspessart und Zentralspessart. Die Koordinierung im Ausschuss lag beim Vorsitzenden Carl Dietz und seinem Stellvertreter Dr. med. Karl Kihn.

1906 legte der Ausschuss einen Markierungsplan für den gesamten Spessart vor, der die vorhandenen Wegezeichen vereinheitlichte. Zur Markierung erhielt jeder Zweigverein bestimmte Linien zugeteilt. Alle mit der Markierung zusammenhängenden Angelegenheiten liefen beim Vorsitzenden Carl Dietz, Aschaffenburg, bzw. bei dessen Stellvertreter Otto Schäfer, Frankfurt, zusammen. In Ausflugslokalen lagen »Wünschbücher« aus, um möglichst viele Anregungen für die Markierungsarbeit zu bekommen. Mit den Nachbarverbänden (Rhönklub, Vogelsberger Höhenklub und Odenwaldklub) wurden sinnvolle Anschlüsse an das Markierungsnetz im Spessart vereinbart.
Die  Forstbehörden, die Gemeinden und Schulen konnten zur Zusammenarbeit gewonnen werden. Besonders die Mitwirkung der Förster war unerlässlich. Sie unterstützten die Markierungsarbeiten und achteten auf den Schutz der Wegzeichen – eine Hilfestellung, die auch heute noch von großem Wert ist. Forstmeister Brand aus Hain legte einige neue Wanderwege an, wie den von Lau-fach nach Rothenbuch führenden »Diepoldspfad«; Förster Josef Hopf aus Rothenbuch verdanken wir die Linie Rothenbuch?–?Lichtenau sowie den »Völkerspfad« Bomigsee?–?Lichtenau.

Offizielle Karte des Vereins der Spessartfreunde Aschaffenburg

Das Ergebnis dieser Arbeiten ist die erste offizielle Wanderkarte für den Spessart, die 1906 im Verlag der Krebs’schen Buchhandlung (E. Kriegenherdt) in Aschaffenburg erscheint. Maßstab 1:150?000, Format von 53 x 42,5 cm (siehe Folie C). Herstellung: Lith. geographische Anstalt C. Welzbacher in Darmstadt. Sie ist Teil einer Broschüre von 30 Seiten mit Beschreibungen von Wanderwegen, eingeteilt in fünf Haupt- und 49 Nebenlinien. Ein Abschnitt III enthält fünf markierte Wege, die nicht in die Karte aufgenommen worden sind. In der siebten Auflage von Schobers Wanderführer ist die Karte auch beigelegt, verbessert und im Format 53 x 43 cm. Diese siebte Auflage enthält auch die Generalkarte 1:100?000 mit dem Titel »Spezialkarte vom Spessart«, ohne Wegemarkierungen, gestochen und gedruckt bei der Königlichen Universitäts-Druckerei von H. Stürtz, Würzburg.
Die Erschließung des Spessarts mit markierten Wanderwegen schreitet fort. Die Zeitschrift »Spessart« sprach in Heft 3/1907 Dank aus für Spenden an den Spessartbund zur Wegmarkierung und suchte freiwillige Helfer für die Markierungsarbeiten. Zugleich wird die Beschädigung von Wegzeichen, Wegweisern und Bänken beklagt. Heft 4/1908 berichtete über neue Wegemarkierungen und neu aufgestellte gusseiserne Wegweiser. 1909 sind schon 358 Kilometer Wanderwege markiert und zahlreiche Tafeln und Wegweiser angebracht. 1913 erreicht die Gesamtlänge der Wanderwege 1900 Kilometer.

Ein Kartenwettbewerb

Im Jahr 1911 erscheint im Verlag von Dr. Götz Werbrun – auch der Verleger der Aschaffenburger Tageszeitung »Beobachter am Main« – eine Offizielle Spessartkarte mit kurzer Beschreibung der farbig bezeichneten Touristenwege (Bild 7). Die Karte im Maßstab 1:150?000 mit den farbigen Markierungen des Spessartbundes ist Teil einer Broschüre mit Pappeinband von 60 Seiten und einem Anzeigenteil von 16 Seiten. Der Hinweis auf eine Herausgeberschaft des Vereins der Spessartfreunde fehlt. Auf die Verbindung zur C. Krebs’schen Buchhandlung (E. Kriegenherdt), Dalbergstraße 24, wird verwiesen. Hier wurde noch die 5. und 6. Auflage von Schobers Wanderführer unter der Inhaberschaft von Wilhelm Hausmann verlegt. Mit Hausmanns Geschäftsaufgabe wechseln die Spessartfreunde zum Verlag Dr. Götz Werbrun. Hier erscheint 1914 die 7. Auflage der offiziellen Spessartkarte, jetzt mit den Markierungshinweisen von Odenwald, Vogelsberg und Rhön, Maßstab 1:100?000 im Format 60 x 80 cm.
Das ist eine Reaktion auf die 1912 im Verlag Ludwig Ravenstein in Frankfurt am Main erschienene Touristenkarte. Hermann Ritter hatte sie entwickelt. Herausgeber ist der Verein der Hoch-spessartfreunde Rothenbuch e. V. in Frankfurt. Diese im mehrfarbigen lithographischen Verfahren hergestellte Karte (Format 66 x 60 cm) bildet die aktuellen Markierungen farbig ab, doch ohne ausführliche Beschreibung des Spessarts sowie der Wanderwege, denn Johann Schobers Wanderführer gibt es nach wie vor bei Dr. Götz Werbrun in Aschaffenburg.

Die neue Ravenstein-Karte  steht unter dem Protektorat S. Kgl. Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern, des Sohnes des im Spessart hochverehrten Prinzregenten Luitpold, der im Dezember desselben Jahres verstorben war. Ein Jahr später gibt der 1913 gegründete Spessartbund die zweite Auflage als seine offizielle Karte heraus. Aus dem Kronprinzen ist inzwischen Seine Majestät König Ludwig III. von Bayern geworden, der auch für diese Karte die Schirmherrschaft  übernimmt.
Im Begleittext der neuen Karte wird darauf hingewiesen, dass der Spessart erst erschlossen werden konnte, als gute Straßen, Wegzeichen und besonders die Schienenwege das Gebirge durchzogen. Als besonders wichtig werden die Strecke Gelnhausen?–?Bieber?–?Lochmühle, die sogenannte Freigerichter Kleinbahn von Langenselbold nach Gelnhausen genannt, sowie die Kahlgrundbahn Kahl?–?Schöllkrippen und in ganz besonderem Maße die Bahn Obernburg?–?Heimbuchenthal, die fast in das Herz des Gebirges vordringt.
Hervorgehoben als Ziel für Ausflüge wird das Tal der Kahl, die in der Gegend der bayerisch-preußischen Grenze entspringt, besonders geschätzt von den Wanderfreunden aus Frankfurt und Hanau, die gern mit der Bahn nach Kahl, Dettingen oder Kleinostheim fuhren, zum 437 m hohen Hahnenkamm mit seinem Aussichtsturm wanderten und dann weiter zum Sternberg oder Johannisberg, der Aussicht wegen.
Dem Herausgeber zufolge ist die Wegbezeichnung in großzügiger Weise durchgeführt. Er nennt die das Gebirge von Norden nach Süden, von Westen nach Osten durchziehenden Hauptlinien, weist aber auch auf die Markierungen hin, die durch die Gebiete »Metzger« und »Zuber« bei Rothenbuch führen (siehe auch Folie D). Besonders erwähnt sind die neben den offiziellen Markierungen vom Verkehrsverein Klingenberg a. M. unterhaltenen Lokallinien mit farbiger Bezeichnung.

Der »Wanderführer« überlebt seinen Autor nicht

Sowohl vom Verlag Ludwig Ravenstein als auch von Dr. Götz Werbrun liegen nun leistungsfähige
Wanderkarten im Maßstab 1:100?000 mit den aktuellen Wegemarkierungen vor. Dagegen entspricht die  vom Verein der Spessartfreunde 1906 herausgegebene, von C. Welzbacher gezeichnete Karte im Maßstab 1:150?000 an einigen Stellen nicht mehr dem Stand der Zeit. Der Zeichner griff auf die von ihm schon 1905 für H. Wolffs »Der Spessart« in kleinerem Ausschnitt angefertigte zurück. So ist beispielsweise die spätere B??26 von Lohr her nur bis zum (nicht genannten) Bischborner Hof als Landstraße gezeichnet und von da an als »Lohrerstraße« (siehe Folie C).
Die 9. Auflage des Schober’schen Wanderführers aus dem Jahr 1923 beginnt Dr. Götz Werbrun mit einem Nachruf auf den am 11. August 1922 verstorbenen Johann Schober. Vermutlich wegen der wirtschaftlich schwierigen Zeit hat die Ausgabe nur 264 Seiten. Als Karte liegt eine in Darstellung und Farbe stark reduzierte Wiedergabe der Wegemarkierungskarte im Format 54 x 42,5 cm bei mit dem Titel: „Karte der farbig bezeichneten Turistenwege im Spessart“. Nur die Gewässer sind blau, die Kartenzeichnung sowie die Markierungen in Schwarz gedruckt.

Ravensteins Wanderführer

Im Juni 1922 geht die Geographische Verlagsanstalt und Druckerei Ludwig  Ravenstein AG in Frankfurt mit einem 208 Seiten starken »Führer durch den Spessart« an die Öffentlichkeit. Beigefügt ist eine Karte im Maßstab 1:170 000. Verfasser ist Dr. Friedrich Goll. Nach einer Einführung in den Spessart im Allgemeinen, Geschichte und Wirtschaftsleben, widmet sich der 2. Teil dem Spessart als Wanderziel. Der Autor beschreibt die 24 markierten Hauptwanderwege nur kurz.  Auf 117 Seiten ordnet er die übrigen Wanderwege nach den damals 13 möglichen Bahnverbindungen in den Spessart, beginnend mit der Linie Frankfurt–Aschaffenburg bis zur Freigerichter Kleinbahn Langenselbold–Somborn–Gelnhausen. Die angeklebte mehrfarbige Spessartkarte im Maßstab 1:170 000 im Format 47 x 33 cm ist recht einfach (Zeichnung schwarz, Wälder grün, keine Schummerung, Gewässer blau). Die Hauptlinien bzw. Wanderwege sind in durchgehend roten Linien gezeichnet, ergänzt um römische Ziffern, die Nebenlinien in gestrichelten Linien mit arabischen Ziffern.

In einem Anhang ist u. a. verwiesen auf die offizielle Spessartkarte des Spessartbundes im Maßstab 1:100 000 bei Krebs in Aschaffenburg sowie auf eine Umgebungskarte von Aschaffenburg (Garnisonskarte) Maßstab 1:100?000.

Neues Markierungssystem

1925 entwirft Carl Dietz, inzwischen Wegewart des Spessartbundes, ein neues Markierungssystem von 23 Haupt- und 44 Nebenlinien. Zwei Jahre später erhält der Spessartbund die Markierungshoheit, unter der er bis 1930 3000 Wegekilometer auf 23 Hauptrouten und 54 Nebenrouten markiert. Die Ergebnisse der Markierungstätigkeit veröffentlicht der Ravenstein-Verlag jeweils in von ihm in mehreren Auflagen herausgegebenen Spessartkarten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg teilt der Spessartbund die Markierungsbezirke neu ein. Toni Welzbacher übernimmt 1951 von Hans Aichinger das Amt des Hauptwegewarts. Er organisiert die Wegebezeichnungslinien und deren Betreuer neu, sorgt dafür, dass den Ortswegewarten Messtischblätter zugänglich gemacht werden.
Deren Maßstab 1:?25?000 erleichtert die Markierungsarbeiten im Gelände erheblich. An fast allen Bahnhöfen und größeren Ausflugsorten lässt Welzbacher einheitliche Wegetafeln aufstellen, die er auch selbst bemalt. Er berät die Zeichner im Ravenstein-Verlag für Neuauflagen der Spessartkarte.

Die erste Spessartkarte nach dem 2. Weltkrieg erscheint 1951 im Ravenstein-Verlag (Format 79,5 x 65 cm; siehe Folie E). Markiert sind 99 Wanderwege, eingeteilt in fünf Höhenwege, 20 Hauptlinien und 74 Nebenlinien. Darin eingearbeitet sind inzwischen notwendig gewordenen Änderungen. Vor dem Krieg, als die jungen Männer immer stärker von der NSDAP und ihren Organisationen in Anspruch genommen wurden, bevorzugte man das Fahrrad für die Markierungsarbeiten. Damit kam man auf den Teerstraßen besser voran, doch so mancher Weg führte nicht mehr durch den stillen Wald. Nach dem Krieg sollte das geändert werden. Auch waren Markierungen zu erneuern, weil Bäume zu Heizzwecken gefällt worden waren. Die Menschen entdeckten das Wandern wieder. Der Siegeszug des Automobils war noch nicht zu erahnen. Die Wanderkarte erlebte zahlreiche Neuauflagen.

Markierung rot auf weiß, neue Karte

Unter Dietmar Fleckenstein führt der Spessartbund zwischen 1974 und 1979 einheitlich eine rote Markierung auf weißem Grund ein. Die Wege werden durchnummeriert von 1 bis 103 unter Angabe der Zielrichtung. Der Spessartbund beauftragt den Ravenstein-Verlag, nun in Bad Soden im Taunus, mit einer neuen Karte (siehe Folie F). Der Maßstab 1:100?000 bleibt unverändert. Auf dem Titel wird mit den nun neu eingezeichneten Höhenlinien geworben. Die Legende kennt nur noch Hauptwanderwege des Spessartbundes: dargestellt durch 10 x 10 cm große taktische Zeichen (rot) mit Buchstaben (schwarz und blau) auf weißem Grund, mit Angabe der Wegenummer. In der Natur ist das Wegezeichen ein taktisches Zeichen oder Buchstabe mit Nummer und Richtungspfeil (Zielort). Die ersten fünf Wege sind mit schwarzen Buchstaben bezeichnet: B: Birkenhainer Straße (71 km), E: Eselsweg (111 km), H: Heunweg (36 km), R: Maintalhöhenringweg (160 km), M: Main-Weg (180 km), D: Dr.-Heinrich-Degen-Weg (40 km), W: Toni-Welzbacher-Weg (18 km). Im Anschluss daran nennt die Legende 104 rot markierte Wege (Ausnahmen Nr. 81: Main-Donau-Weg). Dazu kommen in Schwarz Nr. 104: EB Europäischer Fernwanderweg 8 und Nr. 105: AO Deutsche Ferienroute Alpen-Ostsee. Aufgenommen sind natürlich auch die vielen örtlichen Rundwege und Lehrpfade.Der Weg zur FreizeitkarteEine Bestandserhebung im Jahr 1995 zeigte, dass es schon 5800 Wegekilometer auf 104 markierten Hauptrouten gab, daneben aber auch 150 Rundwanderwege. Dem Wunsch nach Verbesserung der Qualität der Wanderwege entsprach der Deutsche Wanderverband, indem er zusammen mit dem Deutschen Tourismusverband Zertifizierungen für Wanderwege und Wandergastgeber entwickelte. Übertragen auf den Spessart wurde aus dem etwas anders geleiteten und damit aufgewerteten Karl-Joa-Weg von Aschaffenburg nach Gemünden im Jahre 2005 ein zertifizierter Qualitätsweg: der Spessartweg 1. Die Markierung übernahm der Spessartbund im Auftrag des Tourismusverbandes Spessart-Main-Odenwald, heute Spessart-Mainland. Die Ergänzung zum Spessartweg 1 ist der Spessartweg 2. In die Nord-Süd-Richtung von Heigenbrücken bis Stadtprozelten führend, weicht er stärker von dem ursprünglich auf dieser Route verlaufenden Josef-Braun-Weg ab, weshalb dieser als eigener Weg beibehalten wurde. 2008 und 2011 erhielten beiden Qualitätswege eine Nachzertifizierung, da diese Qualitätsprüfung nur drei Jahre gültig ist. Das Archäologische Spessart-Projekt hatte bis dahin schon mehrere Kulturrundwege eingerichtet, markiert mit dem blauen Schiffchen. Weitere Wege wie der Rotwein-Wanderweg, der Fränkische Marienweg, der Schneewittchenweg und ungezählte Ortsmarkierungen ohne einheitliches System hinterließen ihre Visitenkarten an Bäumen und Wegtafeln. Nur vereinzelt und uneinheitlich auch die Wegweiser, was dem Wanderer die Wegefindung nicht gerade erleichterte. Die Zeit war reif für ein neues Wanderwegekonzept Spessart von Naturpark bayerischer Spessart und Spessartbund, gefördert mit  EU-Mitteln. Die Cofinanzierung übernahmen die Mitgliedsgemeinden des Naturparks. Von Mitgliedern der Wegekommission des Spessartbundes wurde ein Grobkonzept erstellt und mit Unterstützung unterschiedlicher lokaler Arbeitskreise und des Naturparks Spessart verbessert durch Vereinheitlichung der Markierungszeichen, der verwendeten Materialien, Wegweisern an allen Wanderwegkreuzungen. Aufbauend auf den EU-Förderungen seit Dezember 2005 im Landkreis Main-Spessart begann die Umsetzung ab August 2008 in Stadt und Landkreis Aschaffenburg und im Landkreis Miltenberg. Das Ganze endet in der flächendeckenden Herausgabe neuer topografischer Freizeitkarten 1:25?000 und mit der Schaffung eines Wegemanagements, das die Einhaltung der entwickelten Standards bei Wegweisern, Karten und die weiterhin ehrenamtliche Markierung sicherstellen soll.

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