Naturschutz im Spessartbund

 

Bernhard Rückert


Eine wichtige Säule in der Vereinstätigkeit im Spessartbund ist der Schutz und die Pflege der heimischen Natur. Der in einer modernen Zeit schnelle und tiefgreifende Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft mit zunehmenden Ansprüchen an Landschaft, Natur und Umwelt machen Naturschutzarbeit auch im Spessartbund mehr und mehr zu einem zentralen Baustein der Daseinsvorsorge für die Menschen vor Ort. Aus der einst von der Romantik geprägten Heimatpflege wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten mehr und mehr sachlich und rechtlich anspruchsvolle Naturschutzarbeit. Die Naturschutzarbeit hat nun ihren festen Platz in der Vereinssatzung und im Leitbild des Spessartbundes gefunden. Die Landesverbände Bayern und Hessen der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine sind mit ihren Mitgliedsverbänden gesetzlich anerkannte Naturschutzverbände.

Der Spessartbund als Keimzelle der Naturschutzarbeit in den Wanderverbänden


Schon in den frühen 1950er und 1960er Jahren nahm die Natur- und Heimatpflege im Spessartbund einen hohen Stellenwert ein. Man war stolz auf seinen Spessart und repräsentierte intakte Natur. Landschaft, Wälder und Natur im Spessart waren urig. Die Bedrohung der Natur und der Kampf um Kompromisse zwischen den vielfältigen Interessengruppen fanden ihren Anfang mit der Planung von Straßen und Eisenbahnlinien und dem Beginn des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland.

Der Naturschutz und die aktive Naturschutzarbeit im Spessartbund sind eng mit den Namen vieler engagierter Wanderfreunde verbunden, vor allem aber mit dem Wanderfreund Albert Lippert aus Heigenbrücken. Unter seiner Regie als Leiter des Gaues Aschafftal und als Vorstandsmitglied im Spessartbund wurden bereits in den 70er und 80er Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts Naturschutzkonzepte für den Spessartbund entwickelt, die in den nachfolgenden Jahren als beispielhaft vom Landesverband Bayern und gar vom Bundesverband übernommen wurden. Unter seiner Führung wurde im Jahre 1981 der Naturschutzwart auf Ortsgruppenebene, der Gaunaturschutzwart auf Gauebene und der Hauptnaturschutzwart auf Bundesebene installiert und mit Aufgaben und Kompetenzen versehen. In der Ausarbeitung der „Naturschutzmappe für den Naturschutzwart im Spessartbund“ wurden vorbildlich der Aufgabenbereich und das Betreuungsgebiet geregelt sowie die Gesetzesgrundlagen beschrieben. Kernpunkte der Aufgaben sind auch heute noch, die Wanderer über Natur und ökologische Zusammenhänge zu informieren und für den Naturschutz zu sensibilisieren. Ebenso gehört die Pflege oder Wiederherstellung bedrohter Lebensräume für Tiere und Pflanzen, wie Streuobstwiesen, Wiesentäler, Bachläufe oder Feuchtbiotope, dazu.

Viel Lob erhielten der Spessartbund und seine Mitglieder für das zukunftsweisende Engagement im Naturschutz vom damaligen Bayer. Umweltminister Dick anlässlich einer Tagung in Weibersbrunn. Der Naturschutz als Daseinsvorsorge, verpflichtende Aufgabe von Staat und Gesellschaft, fand engagierte Mitstreiter im Spessartbund und auf der Bürgerebene. Mit der Berufung und der Wahl von Albert Lippert zum Landes- und zum Bundesnaturschutzwart wurden Ideen und Inhalte einer kompetenten Naturschutzarbeit in den bayerischen Landesverband und in den Bundesverband getragen.

Die Naturschutzarbeit im Spessartbund

Wie würde der Spessart heute aussehen ohne das Engagement des Spessartbundes, der Wanderer und vieler Naturschützer gegen die übertriebenen Interessen der Politik, der Wirtschafts- und Verkehrslobby, einzelner Kommunen und einzelner Bürger? Eine Antwort wäre rein spekulativ. Große und kleinere Vorhaben zu Lasten der Natur und der Landschaft erregten in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder die Gemüter. An einigen wenigen Beispielen sei versucht den Einsatz des Spessartbundes für den Erhalt des Spessarts als Lebens- und Erholungsraum für die Menschen und für die Natur darzustellen.
Mit Beginn der Planungen zum Bau der Bundesautobahn A3 von Würzburg nach Frankfurt über den Spessart formierte sich bereits Anfang der 1950er Jahre Widerstand gegen die Zerschneidung des Spessarts und der Zerstörung intakter Waldbestände und Wiesentäler. Verschiedene Planungsvarianten über den Spessart bedrohten  Alteichen- und Buchenwälder, ja gar das Hafenlohrtal als Autobahntrasse. Der Spessartbund befürchtete, dass mit der Zerschneidung schöner und wertvoller Erholungslandschaften und durch Staub und Lärm das zarte Pflänzchen des wachsenden Fremdenverkehrs im Spessart zerstört wird. Auf dem Spessartbundestag 1952 in Goldbach haben sich die Delegierten deshalb einstimmig gegen den Bau der Autobahn über den Hochspessart und durch das Hafenlohrtal ausgesprochen. Spessartbund, Politik und Wirtschaft waren in ihrer Einschätzung der Folgen des Autobahnbaus somit unterschiedlicher Meinung. Die im Ministerrat im Jahre 1953 beschlossene Diagonallinie über den Hochspessart könnte als Kompromiss gewertet werden. Zumindest wurden die Alteichenbestände und das Hafenlohrtal zunächst verschont.
Weitere Begehrlichkeiten auf die Spessartwälder und auf das Herzstück des Spessarts ließen nicht lange auf sich warten. Die Deutsche Bundesbahn plante zwischen 1972 und 1974 den Neubau einer Bahnlinie zwischen Würzburg und Frankfurt über den Hochspessart und durch das Hafenlohrtal. Voller Empörung über einen weiteren Versuch intakte Heimat zu zerstören, sammelte der Spessartbund über 1.500 Unterschriften bei seinen Mitgliedern gegen dieses Vorhaben. Nach heftigen Protesten von Spessartbund und den heimischen Naturschutzverbänden ließ die Deutsche Bahn von diesem Vorhaben ab.
Auf der Suche nach zukünftigen Trinkwasserreserven für die Region Würzburg kam von der Bayerischen Staatsregierung im Jahre 1978 der Bau eines Trinkwasserspeichers im Hafenlohrtal ins Gespräch. Gegen dieses Vorhaben formierte sich über zwei Jahrzehnte ein heftiger Widerstand der Aktionsgemeinschaft Hafenlohrtal, die den Bau ablehnte. Auch bei den Wanderern erhoben sich kritische Stimmen gegen die Zerstörung großer Flächen im unteren Hafenlohrtal. Der Spessartbund sah das Vorhaben kritisch, forderte von der Staatsregierung die Prüfung geeigneter Alternativen und war stets um eine einvernehmliche Lösung bemüht. Im Jahre 1987 beschlossen die Naturschutzwarte des Spessartbundes eine Resolution gegen den Bau des Speichers. Das Hafen-lohrtal blieb nicht zuletzt auch  wegen  der  Schutzbemühungen des Spessartbundes in seiner Schönheit und Vielfalt bis zum heutigen Tag erhalten.
Zu weiteren Vorhaben, die Natur und Landschaft betreffen, war der Spessartbund auch in jüngster Vergangenheit eingebunden und um Meinung und Vorschläge zu deren Umsetzung gebeten. Für das Landschaftsbild und für die Natur von größerer Bedeutung sind immer wieder auch der Neubau und die Gestaltung größerer Freizeitanlagen, wie Sportanlagen oder Golfplätze. Ebenso nehmen nachhaltig Einfluss auf die Landschaft die Artenvielfalt und die Lebensraumqualität für Pflanzen und Tiere, die Ausweisung von Schutzgebieten oder großflächige Bewirtschaftungskonzepte zur Landnutzung im Spessart, insbesondere der Erhalt und die Nutzung der großen Laubwälder und der Wiesentäler. Ohne ideologische Scheuklappen, mit dem Blick auf die Realitäten und mit dem Ziel eines vernünftigen und ökologisch vertretbaren Ausgleichs zwischen den Interessengruppen, mischt sich der Spessartbund in den letzten Jahren über Stellungnahmen und in Gesprächen mit dem Staatsforst verstärkt in die Diskussion um eine nachhaltig betriebene Waldwirtschaft im Spessart und über die Umsetzung der vom Bund und den Ländern entwickelten Biodiversitäts-Konzepte ein.

Im Zusammenhang mit der zukünftigen Energieerzeugung und der bevorstehenden Energiewende wird uns die Planung und der Bau von Anlagen zur Erzeugung und den Transport erneuerbarer Energien aus Windkraft und Photovoltaik beschäftigen. Der Spessartbund hat zum Bau von Windenergie-Anlagen in der Region Bayer. Untermain ein differenziertes Konzept erarbeitet, das auch im Regionalen Planungsverband Beachtung gefunden hat. Wie in den vergangenen Jahrzehnten werden wir auch in Zukunft in der Findung von Kompromissen gefordert sein.
Ausbildung, Fortbildung und Motivation der Naturschutzwarte in den Ortsgruppen sind der Grund jährlicher Fachwartetagungen zum Naturschutz. Zu aktuellen Themen und Problemen im Artenschutz, im Biotopschutz und zu Rechtsfragen stehen bei diesen eintägigen Tagungen die Fachreferenten Rede und Antwort. Zwischen 30 bis 60 Wander- und Naturfreunde zählt jedes Mal der Kreis der Teilnehmer. Der Erhalt der Streuobstwiesen, der Feuchtbiotope als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, der Biber als Rückkehrer in den Spessart oder auch der Spessartwald als Lebensraum und Rohstofflieferant waren beispielsweise interessante Tagungsthemen der zurückliegenden Jahre.

Die Naturschutzarbeit in den Ortsgruppen des Spessartbundes

Aktive Naturschutzarbeit leisten unter der Regie der Naturschutzwarte die Mitglieder der Ortsgruppen im Spessartbund in ihrem Betreuungsgebiet. Alljährlich melden die Ortsgruppen mit Hilfe eines Meldebogens die Schwerpunkte ihrer Naturschutzarbeit sowie den Zeit- und Kostenaufwand an den Spessartbund für eine zusammenfassende Beurteilung. Zwischen 25 – 30 % der Ortsgruppen weisen aktive Naturschutzarbeiten in ihren Betreuungsgebieten nach.
Der Schutz und Neubau von Nistgelegenheiten und die Schaffung von Lebensraum für heimische Vogel-, Fledermaus- und Ameisenarten sowie die Pflege vereinseigener oder öffentlicher Biotope, wie Bachläufe, Wiesentäler, Trocken- und Feuchtgebiete, zählen nach wie vor zu den häufigsten Naturschutzmaßnahmen der Ortsgruppen. In den zurückliegenden Jahren wurden durchwegs zwischen 800 bis 1.000 Arbeitsstunden jährlich hierfür aufgebracht. Mit 600 bis 800 Einsatzstunden jährlich unterstützen die Wanderfreunde des Spessartbundes viele Spessarter Kommunen am Aktionstag „Saubere Landschaft/Saubere Stadt“ beim Säubern ihrer Stadt und der Landschaft von Müll und Unrat.
Neben aktiven Naturschutzmaßnahmen scheuen die Naturschutzwarte in den Ortsgruppen weder Zeit noch Mühe für Aufklärungsarbeit bei naturkundlichen Wanderungen oder Vorträgen. Die Vermittlung von Grundkenntnissen zur Artenbestimmung, zum Erkennen ökologischer Zusammenhänge und zu den Schutzbestimmungen sind deren Inhalte. „Natur erleben – Natur erkennen – Natur genießen – Natur schützen“ ist die Devise des Wanderers.
In der Gesamtschau weisen die in der Naturschutzarbeit aktiven Ortsgruppen im Spessartbund alljährlich zwischen 1.500 bis 2.200 Stunden für ehrenamtliche Naturschutzarbeit nach. Dieser Zeitaufwand entspricht einem finanziellen Wert von mindestens 15.000 bis 22.000 Euro jährlich.

Quelle:
Archiv des Spessartbundes

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