Erlebniswandern in ‚Kernow‘ – Cornwall 2024

Veranstalter Favaro’s Touristik – Ilario und Anja

Wanderführer Uwe Brüggmann

… Aschaffenburg – Calais – Dover … England empfängt uns, 35 Natur- und Wanderbegeisterte, mit leichtem Regen. Was werden uns die nächsten Tage wohl bringen? Nach der ersten Nacht im Hotel Donington Manor lacht jedoch am Morgen unverhofft die Sonne vom strahlend blauen Himmel. Genau richtig für den Besuch der All-Saints-Church von Tudeley, wo sich im Innern der alten Dorfkirche ein wahrer Schatz verbirgt: Glasfenster des berühmten Malers Marc Chagall. Sie leuchten beeindruckend und intensiv im Gegenlicht in den für ihn typischen Farben. Welch ein Kunstgenuss!

Doch wie kam es mitten in der englischen Provinz zu dieser Besonderheit?

Am 19. September 1963 ertrank Sarah bei einem Segelunglück, die Tochter von Sir Henry und Lady D’Avigdor-Goldsmid, denen das nahe gelegene Somerhill House gehörte. Zu ihrem Gedenken beauftragte das Paar den weißrussisch-französischen Künstler Marc Chagall, ein Buntglasfenster für die Kirche zu entwerfen. Es wurde 1967 eingebaut. Als Chagall zur Einweihung ankam und die Kirche zum ersten Mal sah, rief er aus: „C’est magnifique! Je les ferai tous!“ (Das ist großartig! Ich werde sie alle machen!) In den nächsten zehn Jahren gestaltete Chagall die restlichen elf Fenster in Aquarell; auch diese entstanden wieder in Zusammenarbeit mit dem Glasbläser Charles Marq in dessen Werkstatt im nordfrz. Reims. (Quelle: wikipedia)

Unser nächstes Ziel ist das Zuhause von Anne Boleyn, der zweiten Gemahlin von Heinrich VIII. und Mutter von Elisabeth I. Es ist Hever Castle & Gardens. Im ‚steinernen‘ Schloss, umgeben von einem doppelten Wassergraben, – der Schlosshof besticht durch Fachwerk -, tauchen wir ein in das 14. Jhd. In den getäfelten Räumen sind edle Möbel, prunkvolle Wandteppiche und Antiquitäten zu finden. Außerdem eine Sammlung von Tudor-Porträts. Hier atmet jeder Raum Geschichte.

Im anschließenden prächtigen Garten (125 ha), gibt es viel zu entdecken: italienisch beeinflusst mit Skulpturen, ganz außergewöhnlich ein plätscherndes Wasserlabyrinth, blühende Staudenrabatten und Rosen mit abwechslungsreichen ‚Walks‘, zahlreiche Wasserspiele … eine prunkvolle Gartenanlage mit großem See, – herrlich zum Erkunden und Verweilen!

Auf dem Weg zu unserer Unterkunft rückt das mystische Stonehenge in unser Blickfeld, welches nicht nur von Touristen besucht wird, sondern auch bei grasenden Schafen recht beliebt zu sein scheint.

Boscastle liegt eingebettet in ein tiefes, bewaldetes Tal, das zwischen Felsen ins Meer mündet. Am idyllischen Schmugglerhafen und vorbei an meist weiß getünchten Häusern mit schiefen Dächern beginnen wir auf dem South West Coast Path unsere erste Küstenwanderung hoch zu den Klippen. Sonne und Wolken! Es weht ein ziemlich starker, kräftiger Wind!

Das azurblaue Meer und die schroffe, zerklüftete Küstenlinie liegen uns zu Füßen. Auf dem schmalen Küstenpfad ist es ein stetiges Auf und Ab. Wir klettern über Schiefermauern, durchqueren ein felsiges Tal mit Wasserfall, laufen durch eine friedliche Kuhherde… Uns bieten sich immer wieder wundervolle Ausblicke auf die gefalteten Klippen. Kuriose Formen sind zu sehen, wie beispielsweise ein Elefantenrüssel… Der Ladies Window Arch ist leicht zu erreichen und wurde ausgiebig von uns auf Fotos gebannt.

Das Meer glitzert. Weit draußen am Horizont regnet es. Der Wind treibt die dunkle Wand vor sich her. Ob er wohl die Küste erreichen wird?

Wir streben jetzt genau auf Tintagel Castle zu – ein Ort voller Legenden und Mythen. Hier soll angeblich König Artus mit Hilfe der Magie des Zauberers Merlin gezeugt worden sein. Die Tintagel-Castle-Bridge spannt sich schwindelerregend weit über den Abgrund. Sie verbindet das Festland mit der kleinen Halbinsel und beiden Teilen der Burg.

Unser Bus erwartet uns bereits in der Nähe des uralten Postamtes, einem englischen, etwas windschiefen Steinhaus aus dem 14. Jhd.

Für die nächsten Tage ist das Lanhydrock Golf Hotel unser Domizil. Vom Diningroom blicken wir direkt auf das satte Grün des Golfrasens und weit in die cornische Landschaft, wo die Felder und Wiesen charakteristisch mit Büschen und Bäumen eingerahmt sind. Die engen Straßen, gesäumt von Steinwällen und Hecken, veranlassen Ilario zu einigen Kunststücken, wenn zwei Busse millimeterweise aneinander vorbeifahren müssen. Interessant ist auch die „lebendige“ Ampelanlage an Baustellen.

Möwen kreischen laut, sitzen frech auf Schornsteinen, wuseln am Strand. Aber Vorsicht, wer ein leckeres Pasty genießen möchte, sollte aufpassen. Schwuppdiwupp kommt eine Möwe im Steilflug an … und man hat regelrecht das Nachsehen. Wir sind in dem malerischen Bilderbuch-Städtchen der Rosamunde Pilcher – St. Yves, und diesmal liegen die Boote in dem cornischen Hafen nicht im Trockenen. Eine lange Uferpromenade mit kilometerlangem Sandstrand windet sich um die Bucht des berühmten Künstlerortes – einladend zum Flanieren durch schmale Pflastergassen, zum Besuchen von Ateliers und Kunstgalerien, Pubs, Cafés …

Nachmittags erreichen wir das Lamorran House mit seinen sub-tropical Gardens, ein paradiesischer Hanggarten direkt an der Küste. Durch dichtes, üppiges, exotisches Grün führen schmale Wege labyrinthartig, teils über Steinstufen, abwärts. Durchsetzt mit ruhigen Akzenten eröffnen sich einem immer wieder Blicke auf filigrane Lauben, Wasserbecken, rustikale Torbögen, hier und da auch eine Sitzbank – und natürlich auch auf das Meer. Ein mediterraner Traum!

Auf dem Rückweg fangen wir einen zweiten Blick auf die Gezeiteninsel St. Michael’s Mount ein, den kleineren Bruder des französischen Mont St. Michel, nur nicht ganz so bekannt.

Am nächsten Morgen brechen wir auf zu einem der berühmtesten Orte – Land’s End. Es ist der westlichste Punkt Englands und bildet genau die Trennungslinie zwischen Keltischer See und dem Atlantik. Hier „am Ende der Welt“ beginnen wir in ständiger Meeresnähe zu wandern (SWCP). Unsere Augen schweifen über die bizarren Granitfelsen der Klippen und in schön gelegene Sandbuchten, in die wir auch hinabsteigen. Spektakulär präsentiert sich an der Landzunge Pordenack Point, von Wellen umspült, ein Felsentor…

Unser Weg endet am Minack Cliff Theatre, das direkt an der See wie ein Schwalbennest am Steilhang klebt. Ein magischer Ort, den die Schauspielerin Rowena Cade in ein Amphitheater aus Granitstein verwandelte. Der Weg abwärts wurde farbenfroh mit Pflanzen gestaltet. Das einzigartige Freilichttheater, 1930 eröffnet, bietet Platz für 750 Personen. I.d.R. werden jährlich bis zu 16 Stücke aufgeführt. Traditionell wird der jeweilige Titel mit Jahreszahl in eine der steinernen Rückenlehnen geschlagen.

Frühmorgens ziehen die ersten Nebelschwaden übers Land. Bis wir Fowey erreichen, hat die Sonne die letzten Schleier vertrieben. An steil abfallenden Hügeln schmiegt sich dieser ursprüngliche Fischerort an die Südküste von Cornwall.

Wir wandeln auf den Spuren einer Grande Dame der britischen Literatur, der berühmten Schriftstellerin Daphne du Maurier. Viele ihrer Romane wurden erfolgreich verfilmt. Jedem bekannt sind ja „Rebecca“, „Die Vögel“, „Wenn Gondeln Trauer tragen“…

Auf der kleinen Autofähre hinüber nach Bodinnick liegt bugvoraus gleich hinter einem Felsvorsprung ihr ehemaliges Familienhaus Ferryside, weiß mit leuchtend blauen Fensterläden.

Vorbei an dem über 400 Jahre alten Pub ‚Old Ferry Inn‘ biegen wir auf den ‚Hall Walk‘ ein: einen schmalen, romantischen Pfad mitten durch ursprünglichen Wald und wilde Natur. Hirschzungenfarne wachsen im Unterholz und Efeu schlängelt sich verwunschen an Baumstämmen hoch. Wie oft mag Daphne hier wohl entlang gegangen sein, um die sich immer wieder bietende grandiose Panoramasicht auf Fowey und den gleichnamigen Fluss zu genießen? Kein Wunder, dass hier die Wurzeln ihrer Cornwall Begeisterung liegen, hier schrieb sie ihren ersten Roman „Loving Spirit“.

In Polruan angekommen, setzen wir mit der Personenfähre wieder über nach Fowey, wo wir entspannt Zeit verbringen. Teatime im Tearoom ‚The Lifebuoy‘ (Rettungsring), d. h. zwei Scones mit Clotted Cream und Marmelade und ein Cornish Tea, serviert in einer geblümten Kanne – lecker! Very british! Nach dem Bummel durch die engen, gewundenen Gassen werden am Hafen noch die milden Sonnenstrahlen zum ausklingenden Tag genossen. Von Freibeutern und Piraten ist heutzutage nichts mehr zu sehen, dafür wiegen sich die bunten Boote und Segelschiffe leicht im Wind.

Auf cornisch „Duw genowgh hwi“ oder „Goodbye Cornwall“ – jetzt heißt es „welcome to Dorset“. Der legendäre South West Coast Path ist der längste Fernwanderweg Englands und führt von Minehead in Somerset an der Küste entlang durch die Grafschaften Devon, Cornwall bis nach Poole in Dorset (630 Meilen/1014 km). Dieser National Trail ist sozusagen ein Muss für jeden Wandersmann und jede Wandersfrau.  

In den folgenden zwei Tagen erleben wir das absolute Highlight, einfach atemberaubend! – die Jurassic Coast, ein Unesco-Weltnaturerbe:

An der ersten roten Klippe mit bewaldetem Rücken am Orcombe Point bei Exmouth wandern wir los. Hier sind über 185 Mill. Jahre Erdgeschichte zu entdecken. Sich den Wechsel von heißem Wüstenklima zum Tropenmeer vorzustellen, zwei- und vierbeinige Reptilien mit langen Hälsen, Hörnern und Nackenschild … – the dinosaurs – ist faszinierend.  

Auf schön beschatteten Heckenpfaden erreichen wir Budleigh Salterton, einen hübschen Ort mit charakteristischen Villen. Am herrlichen Kieselstrand stehen die lustig bunten huts, und im roten Sandstein ist es leicht, hier die tiefen Wurzeln der Wüstenpflanzen als Fossilien zu betrachten.

Eine Brücke führt über das sumpfige Mündungsgebiet des Rivers Otter. Vom welligen Grasland aus bieten sich uns immer wieder dramatische Blicke auf die ‚Red Coast‘. Äußerst beeindruckend sind die roten felsigen Sandsteinstapel der Ladram Bay, welche wir im goldenen Licht der Abendsonne erreichen. Doch der Zahn der Zeit nagt auch an ihnen, Regen und Seewind lassen sie langsam bröckeln. Was sich wohl alles dahinter an prähistorischen Fossilien verbirgt? Rötlich schimmert das Meer durch ausgeschwemmtes Sediment.

Der Kontrast könnte nicht eindrucksvoller sein – ganz in Weiß! Da sprechen schon die Fotos alleine für sich, für diese einzigartige Felsformation der Old Harry Rocks! Die drei Felsnadeln bilden ein Wahrzeichen am östlichen Ende der Jurassic Coast. Desgleichen das bekannte Durdle Door mitten in der türkisblauen Brandung. Beachtlich, die ungezähmte Kraft des Wassers bohrte hier regelrecht dieses Loch durch den Kalkstein.

Ein äußerst malerischer Ort ist die hufeisenförmige Lulworth Cove, der Strand ‚Man o’War‘ … das Stair Hole, eine eigenwillige Bucht, in der sich die Schichten des Kalksteines auffalteten wie ein Crumple

 

Wieder auf dem Heimweg übernachten wir zum Ausklang in Cambrai, in einem zauberhaft romantischen Hotel in Nordfrankreich. Bei dem 3-Gänge-Menü ‚Filét Mignon‘ klingen die erlebnisreichen Touren aus. Formidable! Schön war’s!

Ein ganz herzlicher Dank geht an Ilario, Anja und Uwe! für das umsichtige Fahren, die Organisation und Planung dieser vielfältigen Reise und die spannenden, fantastischen Eindrücke von Land, Leuten und Kultur. Cornwall und der SWCP – immer wieder faszinierend!

Das nächste Traumziel wird uns 2025 in unberührte, reizvolle Landschaften vulkanischen Ursprungs nach Frankreich führen – in die Auvergne. Berge, Quellen, ausgedehntes Grün und vieles mehr warten auf uns.

„Goodbye England – à bientôt en Auvergne!“

 

Text: Petra Dorothea Kraus

Fotos: Wandergruppe 2024

Hinweis: unter ‚Spessartbund Cornwall‘ wird auf websites über die

  1. Erlebnisreise vom 10.9.-19.9.2019 berichtet.

Einen weiteren Bericht finden Sie HIER.